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Sorption (Wasserdampfaufnahme)

Für das rasche Ausgleichen von Feuchtigkeitsschwankungen, z. B. in einer Wohnung, sorgt die Sorptionsfähigkeit von Oberflächenmaterialien der Raumbegrenzungsflächen und der Einrichtungsgegenstände. Darunter versteht man die physikalischen und chemischen Materialeigenschaft, Wasserdampf oder andere dampfförmige Stoffe (Geruchsstoffe, Dämpfe von Löse- und Desinfektionsmitteln, Kunststoffmonomere) durch "Adsorption" an die Wände der Zellen, Poren und Kapillaren zu binden und beim Abnehmen der relativen Luftfeuchte (bzw. des Sättigungsgrads der Luft mit Dämpfen aller Art) in der Umgebung durch "Desorption" wieder freizugeben.

Die adsorbierten Wasserdampfmoleküle bewirken bei natürlich-organischen Materialien wie Holz, Wolle, Textilien oder Papier sichtbare Formänderungen, indem sie die unter ihrem eigenen Gewicht in sich zusammengesunkenen Zellwände glätten und versteifen. Die Materialien beginnen zu quellen, und zwar um so stärker, je mehr Wasserdampfmoleküle an die Zellwand adsorbiert werden, bis bei 100% relativer Luftfeuchte der Umgebung die Grenze erreicht ist. Auch bei weiterer Feuchtigkeitszufuhr - z.B. durch Kapillartransport quillt das Material nicht mehr weiter (bzw. nur noch geringfügig) auf. Bei der Desorption beginnen die Zellwände des Materials wieder zu schrumpfen - das Material "schwindet".

Da Schwinden und Quellen von der Menge der adsorbierten Wasserdampfmoleküle und die wiederum vom Grad der relativen Luftfeuchte abhängen, hat man schon lange solche Materialien in Geräten zur Luftfeuchtigkeitskontrolle eingesetzt. Man nannte sie deshalb auch "hygroskopisch", das heißt "feuchtigkeitsüberwachend". Bei Bau- und Einrichtungsmaterialien wendet man das Wort aber heute allgemein auf Stoffe mit ausgeprägter Sorptionsfähigkeit an; man spricht z.B. von der "starken Hygroskopizität von unbehandeltem Holz".
Sorptionsfähig sind fast alle Materialien; das heißt, bei fast allen steigt oder sinkt die Materialfeuchte in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte der Umgebung, bis zwischen beiden das hygroskopische Gleichgewicht hergestellt ist. Bei Stoffen mit großer Hygroskopizität geht das nur sehr viel schneller, und es werden größere Wasserdampfmengen aufgenommen und auch wieder abgegeben. Holz und auch Lehmbaustoff zeigen hier gute Eigenschaften.

Bei trockener Luft weist Holz ein Feuchtigkeitsgehalt von 8 bis 12 M% auf. Es kann jedoch bis zu mehr als 30 % seines Trockengewichts an Wasser aufnehmen (hygroskopisches Gleichgewicht bei 100 % relativer Luftfeuchte), ehe es fühlbar feucht wird. Bei den meisten mineralischen Baustoffen liegt die höchstmögliche hygroskopische Gleichgewichtsfeuchte bei 2 bis 3, maximal 5%. (Z. B. Kork 10%, Kalksandstein 5,0% und Ziegel 1,5%)

Sorptionsfähige Materialien senkten nicht die allgemeine Schadstoffbelastung der Raumluft durch Adsorption und "Neutralisierung" der Schadstoffe. (Hierfür gibt es gesonderte Beschichtungssysteme, die durch physikalische oder chemische Prozesse die Schadstoffe binden.)

In einem mit unversiegelten Holzflächen getäfelten Raum mit Polstermöbeln, schweren Gardinen und Wollteppichen (alles aus feinsten und reinsten Naturprodukten) ist z. B. die Geruchsbelästigung durch Tabakrauch weniger groß als in einem gleich großen Raum mit Glas- und Stahlmöbeln, gekacheltem Boden, gefliesten Wänden und Rohbetondecke. Die sorptionsfähigen Materialien binden eine Menge der Geruchs- und Schadstoffe aus dem Tabakrauch - und geben sie, schön langsam, noch Wochen später wieder an die Raumluft ab. Ein bau- und wohnbiologisch sehr unerfreulicher Raum aus Beton, Stahl, Glas und Keramik ist dagegen bereits nach einmaligem kräftigen Lüften wieder nahezu frei von Luftschadstoffen (Lösungs-, Putz- und Reinigungsmittel, Kosmetika u. a.)

Quelle:
Kur, Friedrich; Wohngifte, Handbuch für gesundes Bauen und Einrichtungen, 3. Aufl. Verlag Eichborn, 1993, S. 572
Eichler, Arndt; Bautechnischer Wärme- und Feuchteschutz, Bauverlag 1989, S. 95


5/2005

Autor: Peter Rauch

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